Die Freude einer aufrichtigen und wahren Liebe

Vor einem Jahr hat Papst Franziskus die Apostolische Konstitution „Amoris Laetitia“ veröffentlicht. Einige ausgewählte Zitate können helfen, die freudige Herausforderung der wichtigsten aller Tugenden auf neue Weise anzunehmen: der Liebe.

Am 19. März jährt sich die Veröffentlichung der Apostolischen Konstitution „Amoris Laetitia“ von Papst Franziskus. Die 325 Punkte des Dokuments sind eine Hommage an die menschliche Liebe, die in wunderbarer Einheit mit der Liebe Gottes steht. Der lehramtliche Text ist ein Juwel, das die aufrichtige und wahre Liebe zu neuem Leben erweckt und dazu anregt, sich über die wichtigste Tugend, die Liebe, Gedanken zu machen und sie zu leben.

Wir bieten hier eine Zusammenfassung in Form von kurzen Punkten an, die aus der Apostolischen Konstitution entnommen sind. Es handelt sich dabei nicht um eine Auswahl der wichtigsten, da der gesamte Inhalt wichtig ist, sondern vielmehr um eine didaktische Zusammenstellung, nach Themen geordnet (Liebe, Ehe, Kinder, Familie, Gott, Kirche und Familie, Familie und Gesellschaft). Sie soll der Vertiefung des Inhalts eines päpstlichen Dokumentes dienen, das anklopft an das Herz der Menschen, das Herz der Familien und das Herz der Gesellschaft.

Vielleicht können diese Zitate weiteres Interesse wecken: Amoris Laetitia wieder durchzublättern, neu zu überdenken, zu betrachten oder sie überhaupt zum ersten Mal zu lesen.

Index

LiebeEheKinderFamilieGott, Kirche und FamilieFamilie und Gesellschaft


LIEBE

1. Die Freude der Liebe, die in den Familien gelebt wird, ist auch die Freude der Kirche.

28. Am Horizont der Liebe, die in der christlichen Erfahrung der Ehe und der Familie im Mittelpunkt steht, zeichnet sich auch noch eine andere Tugend ab, die in diesen Zeiten hektischer und oberflächlicher Beziehungen etwas ausgeklammert wird: die Zärtlichkeit.

92. Die Liebe hat immer ein tiefes Mitgefühl, das dazu führt, den anderen als Teil dieser Welt zu akzeptieren, auch wenn er anders handeln sollte, als ich es gerne hätte.

96. Die Liebe führt uns zu einer aufrichtigen Würdigung jedes Menschen, indem wir sein Recht auf Glück anerkennen. Ich liebe diesen Menschen, betrachte ihn mit dem Blick Gottes des Vaters, der uns alles schenkt, „damit wir es genießen“

97. Wer liebt, vermeidet nicht nur, übermäßig von sich selbst zu sprechen, sondern weil er sich auf die anderen konzentriert, versteht er außerdem, an seinem Platz zu bleiben, ohne im Mittelpunkt stehen zu wollen.

99. Lieben heißt auch liebenswürdig werden.

99. Die Liebe handelt nicht ungehörig, verhält sich nicht unhöflich, ist nicht hart im Umgang. Ihre Methoden, ihre Worte, ihre Gesten sind angenehm und nicht rau und starr. Sie verabscheut es, andere leiden zu lassen.

100. Die freundliche Liebe schafft Verbindungen, pflegt Bindungen, knüpft neue Netze der Eingliederung und baut ein festes soziales Gefüge auf.

100. Wer liebt, kann Worte der Ermutigung sagen, die wieder Kraft geben, die aufbauen, die trösten und die anspornen.

110. Wenn ein liebender Mensch einem anderen etwas Gutes tun kann oder wenn er sieht, dass es dem anderen gut geht im Leben, erlebt er das mit Freude, und auf diese Weise ehrt er Gott, denn "Gott liebt einen fröhlichen Geber" ( 2 Kor 9,7

113. Er liebt mich wie er ist und wie er kann, mit seinen Grenzen, doch dass seine Liebe unvollkommen ist, bedeutet nicht, dass sie geheuchelt oder nicht echt ist. Sie ist echt, aber begrenzt und irdisch

115. Die Liebe vertraut, lässt Freiheit, verzichtet darauf, alles zu kontrollieren, darauf, zu besitzen, zu beherrschen. Diese Freiheit, die Räume der Autonomie, eine Öffnung zur Welt und neue Erfahrungen ermöglicht, erlaubt, dass die Beziehung bereichert wird und sich nicht in eine „Endogamie“ ohne Horizonte verwandelt.

119. Die Liebe lässt sich nicht beherrschen vom Groll, von der Geringschätzung gegenüber den Menschen, vom Wunsch, zu beleidigen oder sich zu rächen. Das christliche Ideal – und besonders in der Familie – ist Liebe trotz allem.

123. Nach der Liebe, die uns mit Gott vereint, ist die eheliche Liebe die "größte Freundschaft".

123. Seien wir ehrlich und erkennen wir die Zeichen der Wirklichkeit: Wer verliebt ist, fasst nicht ins Auge, dass diese Beziehung nur für eine bestimmte Zeit bestehen könnte

124. Eine schwache oder kranke Liebe, die unfähig ist, die Ehe als eine Herausforderung anzunehmen, die bis zum Tod immer wieder errungen, neu geboren, neu erfunden und ständig neu begonnen werden muss, kann kein hohes Niveau der Verbindlichkeit aufrecht erhalten. Sie gibt der Kultur des Provisorischen nach, die einen unablässigen Wachstumsprozess verhindert.

126. In der Ehe sollte man die Freude der Liebe bewahren. Wenn das Streben nach Genuss zwanghaft ist, schließt es uns in eine Einseitigkeit ein und macht uns unfähig, andere Arten der Erfüllung zu entdecken. Die Freude weitet dagegen die Fähigkeit zu genießen aus und erlaubt uns, Geschmack an mannigfaltigen Dingen zu finden, auch in den Lebensphasen, in denen der Genuss verblasst.

127. In der Konsumgesellschaft verarmt das ästhetische Empfinden, und so erlischt die Freude. Alles ist da, um gekauft, besessen und konsumiert zu werden – auch die Menschen. Die Zärtlichkeit, hingegen, ist eine Äußerung jener Liebe, die sich von dem Wunsch des egoistischen Besitzens befreit. Sie bringt uns dazu, vor einem Menschen gleichsam zu erzittern, mit unermesslicher Achtung und einer gewissen Furcht, ihm Schaden zuzufügen oder ihm seine Freiheit zu nehmen.

127. Die Liebe zum anderen schließt dieses Gefallen daran ein, das Schöne und Unantastbare seines persönlichen Wesens zu betrachten, das jenseits meiner Bedürfnisse existiert.

128. Die ästhetische Erfahrung der Liebe drückt sich in diesem Blick aus, der den anderen als Ziel in sich selbst betrachtet, auch wenn er krank, alt oder seiner äußerlich wahrnehmbaren Anziehungskräfte beraubt ist.

132. Ein „Ja“, das man ohne Vorbehalte und ohne Einschränkungen gibt. Das bedeutet tatsächlich, dem anderen zu sagen, dass er immer darauf vertrauen kann, dass er nicht verlassen wird, wenn er seine Attraktivität verliert, wenn er Schwierigkeiten hat oder wenn sich neue Alternativen für Vergnügung oder egoistische Interessen bieten.

133. Darum müssen die Gesten, die diese Liebe ausdrücken, ständig gepflegt werden, ohne Engherzigkeit, voller großherziger Worte. In der Familie ist es nötig […], drei Worte zu gebrauchen. Ich will es wiederholen. Drei Worte: „darf ich?“, „danke“ und „entschuldige“. Drei Schlüsselworte!

133. Demgegenüber schützen und nähren die passenden Worte, im richtigen Moment gesagt, die Liebe Tag für Tag.

135. Wenig hilfreich sind manche Fantasien von einer idyllischen und vollkommenen Liebe, der so jeder Ansporn zum Wachsen genommen ist. Eine himmlische Vorstellung von der irdischen Liebe vergisst, dass das Beste das ist, was noch nicht erreicht wurde, der mit der Zeit gereifte Wein.

140. Die Liebe überwindet die schlimmsten Barrieren.

161. Die Jungfräulichkeit und die Ehe sind verschiedene Formen, zu lieben, und müssen es sein, denn "der Mensch kann nicht ohne Liebe leben. Er bleibt für sich selbst ein unbegreifliches Wesen; sein Leben ist ohne Sinn, wenn ihm nicht die Liebe geoffenbart wird"

162. Der Zölibat läuft Gefahr, eine bequeme Einsamkeit zu sein, welche die Freiheit gewährt, sich selbstbestimmt zu bewegen, Orte, Aufgaben und Entscheidungen zu ändern, über das eigene Geld zu verfügen, je nach der Attraktion des Momentes Kontakte mit verschiedenen Menschen zu pflegen. Hier glänzt das Zeugnis der Verheirateten. Wer zur Jungfräulichkeit berufen ist, kann in manchen Ehen ein deutliches Zeichen der großherzigen und unerschütterlichen Treue Gottes zu seinem Bund finden, das sein Herz zu einer konkreteren und hingebungsvolleren Verfügbarkeit anspornt.

163. Die Verlängerung des Lebens lässt ein Phänomen entstehen, das in vergangenen Zeiten eher ungewöhnlich war: Die vertraute Beziehung und die gegenseitige Zugehörigkeit müssen über vier, fünf oder sechs Jahrzehnte hin bewahrt werden, und das wird zu einer Notwendigkeit, einander immer wieder neu zu erwählen.

163. Wir können einander nicht versprechen, das ganze Leben hindurch die gleichen Gefühle zu haben. Stattdessen können wir aber sehr wohl ein festes gemeinsames Vorhaben teilen, uns verpflichten, einander zu lieben und vereint zu leben, bis der Tod uns scheidet, und immer in reicher Vertrautheit leben

163. Die Liebe, die wir versprechen, geht über alle Emotionen, Gefühle oder Gemütsverfassungen hinaus, auch wenn sie diese einschließen kann. Sie ist ein tieferes Wollen, mit einer Entscheidung des Herzens, die das ganze Leben einbezieht.

164. In der Geschichte einer Ehe ändert sich die physische Erscheinung, doch das ist kein Grund, dass die Anziehungskraft der Liebe schwächer wird. Man verliebt sich in den ganzen Menschen mit seiner besonderen Identität, nicht nur in den Körper, auch wenn dieser Körper – unabhängig vom Verschleiß der Zeit – niemals aufhört, in gewisser Weise diese Persönlichkeit auszudrücken, die das Herz einmal gefesselt hat.

164. Wenn die anderen die Schönheit dieser Persönlichkeit nicht mehr erkennen können, ist der liebende Ehepartner weiter fähig, sie mit dem Instinkt der Liebe wahrzunehmen, und die Zuneigung schwindet nicht.

165. Die Liebe schenkt immer Leben. Darum "erschöpft […] sich [die eheliche Liebe] nicht in der Gemeinschaft der beiden […] Während sich die Eheleute einander schenken, schenken sie über sich selbst hinaus die Wirklichkeit des Kindes: lebender Widerschein ihrer Liebe, bleibendes Zeichen ihrer ehelichen Gemeinschaft, lebendige und unauflösliche Einheit ihres Vater- und Mutterseins".

224. Die Liebe braucht verfügbare, geschenkte Zeit, die andere Dinge an die zweite Stelle setzt. Es bedarf der Zeit, um miteinander zu sprechen, um sich ohne Eile zu umarmen, um Pläne miteinander zu machen, um einander zuzuhören, einander anzusehen, einander zu würdigen, um die Beziehung zu stärken.

232. Jede Krise birgt eine gute Nachricht, die zu hören man lernen muss, indem man das Ohr des Herzens verfeinert.

239. Manchmal liebt man mit einer dem Kind eigenen egozentrischen Liebe, die in einer Phase stecken geblieben ist, wo die Realität sich verzerrt und man in der kapriziösen Vorstellung lebt, dass alles sich um das eigene Ich dreht. Es ist eine unersättliche Liebe, die schreit oder weint, wenn sie nicht erhält, was sie sich wünscht.

255. Die Liebe besitzt eine Intuition, die ihr erlaubt, das Lautlose zu hören und das Unsichtbare zu sehen.

EHE

35. Als Christen dürfen wir nicht darauf verzichten, uns zugunsten der Ehe zu äußern, nur um dem heutigen Empfinden nicht zu widersprechen, um in Mode zu sein oder aus Minderwertigkeitsgefühlen angesichts des moralischen und menschlichen Niedergangs. Wir würden der Welt Werte vorenthalten, die wir beisteuern können und müssen.

36. Zugleich müssen wir demütig und realistisch anerkennen, dass unsere Weise, die christlichen Überzeugungen zu vermitteln, und die Art, die Menschen zu behandeln, manchmal dazu beigetragen haben, das zu provozieren, was wir heute beklagen. Daher sollte unsere Reaktion eine heilsame Selbstkritik sein.

40. Wir müssen die Worte, die Motivationen und die Zeugen finden, die uns helfen, die innersten Fasern der jungen Menschen zum Schwingen zu bringen, dort, wo sie am fähigsten sind zu Großherzigkeit, Engagement, Liebe und sogar zu Heldentum, um sie einzuladen, mit Begeisterung und Mut die Herausforderung der Ehe anzunehmen.

59. Unsere Lehre über Ehe und Familie darf nicht aufhören, aus dem Licht der Verkündigung von Liebe und Zärtlichkeit Anregung zu schöpfen und sich dadurch zu verwandeln, um nicht zu einer bloßen Verteidigung einer kalten und leblosen Doktrin zu werden.

72. Das Sakrament der Ehe ist nicht eine gesellschaftliche Konvention, ein leerer Ritus oder das bloße äußere Zeichen einer Verpflichtung. Das Sakrament ist eine Gabe für die Heiligung und die Erlösung der Eheleute, denn "ihr gegenseitiges Sichgehören macht die Beziehung Christi zur Kirche sakramental gegenwärtig. Die Eheleute sind daher für die Kirche eine ständige Erinnerung an das, was am Kreuz geschehen ist; sie sind füreinander und für die Kinder Zeugen des Heils, an dem sie durch das Sakrament teilhaben.

74. Die auf menschliche Weise gelebte und durch das Sakrament geheiligte geschlechtliche Vereinigung ist ihrerseits für die Eheleute ein Weg des Wachstums im Leben der Gnade

113. Die Ehegatten, die sich lieben und einander gehören, sprechen gut voneinander, versuchen, die gute Seite des Ehepartners zu zeigen, jenseits seiner Schwächen und Fehler. In jedem Fall bewahren sie das Schweigen, um sein Bild nicht zu schädigen. Das ist aber nicht nur ein äußeres Handeln, ohne dass sie einer inneren Haltung entspringt.

126. Die eheliche Freude, die sogar mitten im Schmerz erlebt werden kann, schließt ein zu akzeptieren, dass die Ehe notwendig ein Miteinander von Wonnen und Mühen, von Spannungen und Erholung, von Leiden und Befreiung, von Befriedigung und Streben, von Missbehagen und Vergnügen ist, immer auf dem Weg der Freundschaft, die die Eheleute dazu bewegt, füreinander zu sorgen.

130. Nachdem sie gelitten und vereint gekämpft haben, können die Ehegatten erfahren, dass es der Mühe wert war, weil sie etwas Gutes erreicht, gemeinsam etwas gelernt haben oder weil sie das, was sie haben, besser zu schätzen wissen. Wenige menschliche Freuden sind so tief und festlich wie wenn zwei Menschen, die einander lieben, gemeinsam etwas errungen haben, das sie eine große, miteinander geteilte Anstrengung gekostet hat.

131. Es stimmt, dass die Liebe viel mehr ist als ein äußeres Einverständnis oder eine Art Ehevertrag. Doch es ist auch wahr, dass die Entscheidung, ihr eine in der Gesellschaft sichtbare Gestalt samt bestimmter Verpflichtungen zu geben, ihre Bedeutsamkeit deutlich macht: Sie zeigt die Ernsthaftigkeit der Identifikation mit dem anderen, weist auf eine Überwindung des jugendlichen Individualismus hin und bringt die feste Entscheidung zum Ausdruck, einander anzugehören.

131. Heiraten ist eine Weise auszudrücken, dass man wirklich das mütterliche Nest verlassen hat, um andere starke Bindungen zu knüpfen und eine neue Verantwortung gegenüber einem anderen Menschen zu übernehmen. Das ist viel wertvoller als eine bloße spontane Partnerschaft zum wechselseitigen Nutzen, was eine Privatisierung der Ehe wäre.

131. Die Ehe als gesellschaftliche Institution ist Schutz und Bahn für die gegenseitige Verpflichtung und für die Reifung der Liebe, damit die Entscheidung für den anderen an Festigkeit, Konkretheit und Tiefe zunimmt und damit sie zugleich ihre Aufgabe in der Gesellschaft erfüllen kann. Darum geht die Ehe über jede flüchtige Mode hinaus und dauert fort. Ihr Wesen ist in der Natur des Menschen selbst und in seinem sozialen Charakter verwurzelt.

134. Die eheliche Liebe pflegt man nicht vor allem dadurch, dass man von der Unauflöslichkeit als einer Pflicht spricht oder die Doktrin wiederholt, sondern indem man sie durch ein ständiges Wachstum unter dem Antrieb der Gnade festigt. Die Liebe, die nicht wächst, beginnt, in Gefahr zu geraten, und wir können nur wachsen, wenn wir auf die göttliche Gnade mit mehr Taten der Liebe, mit häufigeren, eindringlicheren, großherzigeren, zärtlicheren und fröhlicheren Gesten der Zuneigung antworten.

136. Der Dialog ist eine bevorzugte und unerlässliche Form, die Liebe im Ehe- und Familienleben zu leben, auszudrücken und reifen zu lassen. Doch er setzt einen langen und mühevollen Lernprozess voraus.

139. Die anzustrebende Einheit ist nicht Einheitlichkeit, sondern eine „Einheit in der Vielfalt“ oder eine „versöhnte Verschiedenheit“. In diesem Stil bereichernder geschwisterlicher Gemeinschaft begegnen sich die Unterschiede, sie respektieren und würdigen sich gegenseitig, behalten aber verschiedene Nuancen und Akzentuierungen bei, die dem gemeinsamen Wohl zugutekommen.

139. Wichtig ist die Fähigkeit, die eigenen Empfindungen auszudrücken, ohne zu beleidigen; eine Sprache zu gebrauchen und eine Art zu sprechen, die vom anderen leichter akzeptiert oder toleriert werden kann, auch wenn der Inhalt anspruchsvoll ist; die eigene Kritik vorzubringen, ohne jedoch den Zorn abzureagieren als eine Form der Rache, und eine moralisierende Sprache zu vermeiden, die nur anzugreifen, zu ironisieren, zu beschuldigen und zu verletzen sucht. Viele Diskussionen unter den Ehepartnern drehen sich nicht um sehr schwerwiegende Fragen. Manchmal handelt es sich um kleine Dinge von geringer Bedeutung. Was aber die Gemüter erhitzt ist die Art, wie sie zur Sprache gebracht werden, oder die Haltung, die im Dialog eingenommen wird.

141. Damit der Dialog der Mühe wert ist, muss man etwas zu sagen haben, und das erfordert einen inneren Reichtum, der seine Nahrung bezieht aus der Lektüre, der persönlichen Reflexion, dem Gebet und der Offenheit gegenüber der Gesellschaft. Andernfalls werden die Gespräche langweilig und substanzlos. Wenn keiner der Ehegatten sich bildet und keine Vielfalt der Beziehungen zu anderen Personen besteht, wird das Familienleben „endogam“, und der Dialog verarmt.

146. Die eheliche Liebe führt dazu, sich darum zu bemühen, dass das gesamte Gefühlsleben sich in etwas Gutes für die Familie verwandelt und im Dienst des Gemeinschaftslebens steht.

151. Die Sexualität ist nicht ein Mittel zur Befriedigung oder Vergnügung, denn es ist eine zwischenmenschliche Sprache, bei der der andere ernst genommen wird in seinem heiligen und unantastbaren Wert.

157. Das Ideal der Ehe kann nicht nur wie ein großherziges und aufopferungsvolles Sich-Schenken gestaltet werden, wo jeder auf alle persönlichen Bedürfnisse verzichtet und sich nur darum kümmert, dem anderen Gutes zu tun, ohne jede Befriedigung. Erinnern wir uns daran, dass eine wahre Liebe auch vom anderen zu empfangen weiß, dass sie fähig ist, sich als verletzlich und bedürftig zu akzeptieren, und nicht ausschlägt, mit aufrichtiger und glücklicher Dankbarkeit die körperlichen Ausdrucksformen der Liebe in einer Liebkosung, einer Umarmung, einem Kuss und der geschlechtlichen Vereinigung anzunehmen.

217. Wenn jedoch die Liebe zu einer bloßen gegenseitigen Anziehung oder zu einer undefinierbaren Zuneigung wird, führt das dazu, dass die Ehepartner unter einer außerordentlichen Zerbrechlichkeit leiden, wenn die Zuneigung in Krise gerät oder wenn die physische Attraktivität nachlässt.

218. Wenn der Blick auf den Ehepartner ständig kritisch ist, zeigt dies, dass man auch die Ehe nicht als ein mit Geduld, Verständnis, Toleranz und Großherzigkeit gemeinsam zu gestaltendes Vorhaben angenommen hat. Das führt dazu, dass die Liebe allmählich ersetzt wird durch einen inquisitorischen und unerbittlichen Blick, durch die Kontrolle der Verdienste und Rechte eines jeden, durch Beanstandungen, Konkurrenz und Selbstverteidigung.

219. Ich erinnere mich an ein Sprichwort, das besagte, dass stehendes Wasser verdirbt und zu faulen beginnt. Das ist es, was passiert, wenn dieses Leben der Liebe in den ersten Ehejahren stagniert, wenn es aufhört, in Bewegung zu bleiben, wenn es diese Ruhelosigkeit verliert, die es vorantreibt.

221. Eine der Ursachen, die zu Brüchen in der Ehe führen, besteht in den übertrieben hohen Erwartungen an das Eheleben. Wenn man die Wirklichkeit entdeckt, die begrenzter und herausfordernder ist als das, was man sich erträumt hatte, liegt die Lösung nicht darin, schnell und unverantwortlich an eine Trennung zu denken, sondern darin, die Ehe als einen Weg der Reifung anzunehmen, wo jeder der Ehepartner ein Werkzeug Gottes ist, um den anderen wachsen zu lassen.

232. Jede Krise bedeutet eine Lehrzeit, die erlaubt, die Intensität des miteinander geteilten Lebens zu vertiefen oder zumindest einen neuen Sinn in der Eheerfahrung zu finden. Unter keinen Umständen darf man sich mit einer absteigenden Entwicklung, einer zwangsläufigen Verschlechterung, mit einer erträglichen Mittelmäßigkeit abfinden. Im Gegenteil, wenn man die Ehe als eine Aufgabe annimmt, die auch bedeutet, Hindernisse zu überwinden, wird jede Krise als eine Gelegenheit erkannt, dahin zu gelangen, gemeinsam den besseren Wein zu trinken.

233. In einer nicht angenommenen Krise ist das, was am meisten beeinträchtigt wird, die Kommunikation. Auf diese Weise wird der, welcher „der Mann, den ich liebe“ war, nach und nach „mein Gefährte von jeher“, dann nur noch „der Vater meiner Kinder“ und schließlich ein Fremder, bzw. „die Frau, die ich liebe“ wird über die gleichen Abstufungen schließlich zu einer Fremden.

234. In diesen Momenten ist es notwendig, Räume zu schaffen, um sich von Herz zu Herz auszutauschen. Das Problem ist, dass es schwieriger wird, sich in einem Moment der Krise so auszutauschen, wenn man diesen Austausch nie gelernt hat. Es ist eine wirkliche Kunst, die man in Zeiten der Ruhe lernt, um sie in schwierigen Zeiten anzuwenden.

237. Es geschieht immer häufiger, dass einer, wenn er das Gefühl hat, nicht das zu bekommen, was er sich wünscht, oder dass sich nicht erfüllt, was er sich erträumte, dies als ausreichend betrachtet, um die Ehe zu beenden. So wird er nie eine dauerhafte Ehe haben.

242. Die Synodenväter wiesen darauf hin, dass "ein besonderes Urteilsvermögen […] unerlässlich [ist], um die Getrenntlebenden, die Geschiedenen und die Verlassenen pastoral zu begleiten. Vor allem muss das Leid derer angenommen und geachtet werden, die ungerechterweise Trennung oder Scheidung erlitten haben, die verlassen wurden oder wegen Misshandlungen durch den Ehepartner gezwungen waren, das Zusammenleben aufzugeben. Die Vergebung des erlittenen Unrechts ist nicht einfach, sie ist aber ein Weg, den die Gnade möglich macht.

245. Die getrennten Eltern bitte ich: "Ihr dürft das Kind nie, nie, nie als Geisel nehmen! Aufgrund vieler Schwierigkeiten und aus vielerlei Gründen habt ihr euch getrennt. Das Leben hat euch diese Prüfung auferlegt, aber die Kinder dürfen nicht die Last dieser Trennung tragen, sie dürfen nicht als Geisel gegen den anderen Ehepartner benutzt werden. Während sie aufwachsen, müssen sie hören, dass die Mutter gut über den Vater spricht, auch wenn sie nicht zusammen sind, und dass der Vater gut über die Mutter spricht.

KINDER

18. Das Evangelium erinnert uns auch daran, dass die Kinder kein Eigentum der Familie sind, sondern dass sie ihren eigenen Lebensweg vor sich haben.

85. Die Kirche ist berufen, durch einen geeigneten pastoralen Einsatz daran mitzuarbeiten, dass die Eltern ihre Erziehungsaufgabe erfüllen können. Sie muss dies immer so tun, dass sie ihnen hilft, ihre eigene Funktion zur Geltung zu bringen und zu erkennen, dass diejenigen, die das Sakrament der Ehe empfangen haben, zu wirklichen sakramentalen Dienern der Erziehung werden, denn wenn sie ihre Kinder heranbilden, bauen sie die Kirche auf und damit nehmen sie eine Berufung Gottes an.

123. Die Kinder möchten nicht nur, dass ihre Eltern einander lieben, sondern auch, dass sie treu sind und immer zusammenbleiben.

179. Die Adoption ist ein Weg, die Mutterschaft und die Vaterschaft in einer sehr großzügigen Weise zu verwirklichen, und ich möchte diejenigen, die keine Kinder bekommen können, ermutigen, weitherzig zu sein und ihre eheliche Liebe zu öffnen, um die zu empfangen, die kein geeignetes familiäres Umfeld haben.

195. Unter Geschwistern aufzuwachsen bietet die schöne Erfahrung, füreinander zu sorgen, zu helfen und Hilfe zu empfangen.

262. Es ist unvermeidlich, dass jedes Kind uns überrascht mit den Plänen, die aus dieser Freiheit aufkeimen und die unsere Vorstellungen durchkreuzen, und es ist gut, dass das geschieht. Die Erziehung schließt die Aufgabe ein, verantwortliche Freiheiten zu fördern, die in den entscheidenden Momenten mit Sinn und Verstand wählen; Personen, die ohne Vorbehalte verstehen, dass ihr Leben und das ihrer Gemeinschaft in ihren Händen liegt und dass diese Freiheit ein unermessliches Geschenk ist.

263. Es ist unvermeidlich, dass jedes Kind uns überrascht mit den Plänen, die aus dieser Freiheit aufkeimen und die unsere Vorstellungen durchkreuzen, und es ist gut, dass das geschieht. Die Erziehung schließt die Aufgabe ein, verantwortliche Freiheiten zu fördern, die in den entscheidenden Momenten mit Sinn und Verstand wählen; Personen, die ohne Vorbehalte verstehen, dass ihr Leben und das ihrer Gemeinschaft in ihren Händen liegt und dass diese Freiheit ein unermessliches Geschenk ist.

269. Die Zurechtweisung ist ein Ansporn, wenn zugleich die Bemühungen gewürdigt und anerkannt werden und wenn das Kind entdeckt, dass seine Eltern ein geduldiges Vertrauen behalten. Ein liebevoll zurechtgewiesenes Kind fühlt sich beachtet, nimmt wahr, dass es jemand ist, und merkt, dass seine Eltern seine Möglichkeiten anerkennen.

269. Doch eines der Zeugnisse, die die Kinder von den Eltern brauchen, ist, dass sie sich nicht vom Zorn leiten lassen.

274. Die Familie ist die erste Schule der menschlichen Werte, wo man den rechten Gebrauch der Freiheit lernt.

275. Wenn die Kinder oder die Jugendlichen nicht dazu erzogen sind, zu akzeptieren, dass einige Dinge warten müssen, werden sie zu rücksichtslosen Menschen, die alles der unmittelbaren Befriedigung ihrer Bedürfnisse unterwerfen, und wachsen mit dem Laster des „Ich will und ich bekomme“ auf. Das ist eine schwere Irreführung, die die Freiheit nicht fördert, sondern schwächt.

276. Die Familie ist der Bereich der primären Sozialisierung, denn sie ist der erste Ort, wo man lernt, gegenüber dem anderen eine Stellung zu beziehen, zuzuhören, mitzufühlen, zu ertragen, zu respektieren, zu helfen und zusammenzuleben.

280. Es ist schwierig, in einer Zeit, in der die Geschlechtlichkeit dazu neigt, banalisiert zu werden und zu verarmen, eine Sexualerziehung zu planen. Sie könnte nur im Rahmen einer Erziehung zur Liebe, zum gegenseitigen Sich-Schenken verstanden werden. Auf diese Weise sieht sich die Sprache der Geschlechtlichkeit nicht einer traurigen Verarmung ausgesetzt, sondern wird bereichert.

282. Eine Sexualerziehung, die ein gewisses Schamgefühl hütet, ist ein unermesslicher Wert, auch wenn heute manche meinen, das sei eine Frage anderer Zeiten. Es ist eine natürliche Verteidigung des Menschen, der seine Innerlichkeit schützt und vermeidet, zu einem bloßen Objekt zu werden. Ohne Schamhaftigkeit können wir die Zuneigung und die Sexualität zu Formen von Besessenheit herabwürdigen, die uns nur auf den Geschlechtsakt konzentrieren, auf Krankhaftigkeiten, die unsere Liebesfähigkeit entstellen, und auf verschiede Formen sexueller Gewalt, die uns dazu führen, unmenschlich behandelt zu werden oder andere zu schädigen.

287. Trotzdem muss das Zuhause weiter der Ort sein, wo gelehrt wird, die Gründe und die Schönheit des Glaubens zu erkennen, zu beten und dem Nächsten zu dienen.

288. Die Erziehung im Glauben muss es verstehen, sich jedem Kind anzupassen, denn manchmal funktionieren die gelernten Mittel oder die „Rezepte“ nicht.

288. Es ist grundlegend, dass die Kinder ganz konkret sehen, dass das Gebet für ihre Eltern wirklich wichtig ist.

288. Ich möchte speziell allen Müttern meinen Dank ausdrücken, die wie die heilige Monika für ihre Kinder beten, die sich von Christus entfernt haben.

289. Wenn der Glaube den Kindern so vermittelt wird, dass sie ihn leichter ausdrücken und in ihm wachsen können, trägt das dazu bei, dass die Familie verkündend wird, und ganz von selbst beginnt sie, den Glauben an alle weiterzugeben, die mit ihr in Berührung kommen, auch außerhalb des eigenen Familienkreises.

FAMILIE

44. Eine Familie und ein Zuhause sind zwei Dinge, die sich gegenseitig erfordern. Dieses Beispiel zeigt, dass wir auf die Rechte der Familie bestehen müssen und nicht nur auf die Rechte des Einzelnen. Die Familie ist ein Gut, auf das die Gesellschaft nicht verzichten kann, sondern das geschützt werden muss.

52. Niemand kann meinen, die Familie als natürliche, auf die Ehe gegründete Gemeinschaft zu schwächen, sei etwas, das der Gesellschaft zugutekommt. Es geschieht das Gegenteil: Es beeinträchtigt die Reifung der Personen, die Pflege der gemeinschaftlichen Werte und die ethische Entwicklung der Städte und Dörfer.

55. Viele Männer sind sich der Bedeutung ihrer Rolle in der Familie bewusst und füllen sie mit ihrer männlichen Wesensart aus. Durch die Abwesenheit des Vaters werden das Leben der Familie, die Erziehung der Kinder und ihre Eingliederung in die Gesellschaft stark beeinträchtigt. Es kann sich um physische, emotionale, geistige und geistliche Abwesenheit handeln. Dieser Mangel bringt die Kinder um ein adäquates Vorbild väterlichen Verhaltens.

92. Langmut zu besitzen bedeutet nicht, uns ständig schlecht behandeln zu lassen oder physische Aggressionen hinzunehmen oder zuzulassen, dass man uns wie Objekte behandelt. Das Problem besteht, wenn wir verlangen, dass die Beziehungen himmlisch oder die Menschen vollkommen sind oder wenn wir uns in den Mittelpunkt stellen und erwarten, dass nur unser eigener Wille erfüllt wird. Dann macht uns alles ungeduldig, alles bringt uns dazu, aggressiv zu reagieren. Wenn wir die Langmut nicht pflegen, werden wir immer Ausreden haben für Antworten aus dem Zorn heraus, und schließlich werden wir uns in Menschen verwandeln, die nicht verstehen zusammenzuleben, die unsozial sind und unfähig, die eigenen Instinkte zurückzudrängen, und die Familie wird zu einem Schlachtfeld.

98. Im Familienleben darf nicht die Logik der Herrschaft der einen über die anderen regieren oder der Wettbewerb, um zu sehen, wer der Intelligenteste oder der Mächtigste ist, denn diese Logik endet mit der Liebe.

106. Wenn wir beleidigt oder enttäuscht wurden, ist die Vergebung möglich und wünschenswert, doch niemand behauptet, das sei leicht. Es ist wahr, die Familiengemeinschaft kann nur mit großem Opfergeist bewahrt und vervollkommnet werden. Sie verlangt in der Tat eine hochherzige Bereitschaft aller und jedes Einzelnen zum Verstehen, zur Toleranz, zum Verzeihen, zur Versöhnung. Jede Familie weiß, wie Ichsucht, Zwietracht, Spannungen und Konflikte ihre Gemeinschaft schwer verletzen und manchmal tödlich treffen.

107. Heute wissen wir, dass wir, um vergeben zu können, die befreiende Erfahrung gemacht haben müssen, uns selbst zu verstehen und zu vergeben. Oftmals haben unsere Fehler und der kritische Blick derer, die wir lieben, uns so weit gebracht, das Wohlwollen uns selbst gegenüber zu verlieren. Das bewirkt, dass wir uns schließlich vor den anderen hüten, die Zuneigung fliehen und in den zwischenmenschlichen Beziehungen Ängste in uns anhäufen.

115. Jemand, der weiß, dass man ihn immer verdächtigt, dass man ihn mitleidlos richtet, dass man ihn nicht bedingungslos liebt, wird vorziehen, seine Geheimnisse zu hüten, sein Fallen und seine Schwächen zu verbergen und das vorzutäuschen, was er nicht ist. Demgegenüber erlaubt eine Familie, in der ein herzliches Grundvertrauen herrscht und trotz allem immer wieder vertraut wird, dass die wahre Identität ihrer Mitglieder hervorkommt, und bewirkt, dass Täuschung, Falschheit und Lüge spontan abgelehnt werden.

169. Eine Familie ohne Traum ist gar nicht möglich. Wenn in einer Familie die Fähigkeit zu träumen verloren geht, wachsen die Kinder nicht und wächst die Liebe nicht, wird das Leben schwächer und erlischt.

187. Die kleine Kernfamilie sollte sich nicht gegen die erweiterte Familie abschotten, zu der die Eltern, Onkel und Tanten, Cousins und Cousinen und sogar die Nachbarn gehören. In dieser großen Familie kann jemand Hilfe benötigen oder zumindest Gesellschaft und Gesten der Zuneigung brauchen oder schweres Leid tragen, das des Trostes bedarf

226. Zugleich ist es aber auch gut, die Routine durch das Fest zu unterbrechen, nicht die Fähigkeit zu verlieren, in der Familie zu feiern, sich zu freuen und die schönen Erfahrungen festlich zu begehen. Sie müssen gemeinsam über die Gaben Gottes staunen und gemeinsam die Begeisterung für das Leben nähren. Wenn man zu feiern versteht, erneuert diese Fähigkeit die Energie der Liebe, befreit sie von der Eintönigkeit und erfüllt die Alltagsroutine mit Farbe und Hoffnung.

232. Die Geschichte einer Familie ist durchfurcht von Krisen aller Art, die auch Teil ihrer dramatischen Schönheit sind. Man muss helfen zu entdecken, dass eine überwundene Krise nicht zu einer weniger intensiven Beziehung führt, sondern dazu, den Wein der Verbindung zu verbessern, sich setzen und reifen zu lassen. Man lebt nicht zusammen, um immer weniger glücklich zu sein, sondern um zu lernen, in einer neuen Weise glücklich zu sein, ausgehend von den Möglichkeiten, die jede neue Phase erschließt.

236. Vergeben können und Vergebung erfahren ist eine grundlegende Erfahrung des Familienlebens.

276. Die Familie muss alle Tage neue Formen erfinden, die gegenseitige Anerkennung zu fördern.

325. Keine Familie ist eine himmlische Wirklichkeit und ein für alle Mal gestaltet, sondern sie verlangt eine fortschreitende Reifung ihrer Liebesfähigkeit.

GOTT, KIRCHE UND FAMILIE

15. Der Lebensraum der Familie konnte sich in eine Hauskirche verwandeln, in einen Ort der Eucharistie, der Gegenwart Christi am selben Tisch.

29. Die Familie ist berufen, das tägliche Gebet, die Lektüre des Wortes Gottes und die eucharistische Kommunion miteinander zu teilen, um die Liebe wachsen zu lassen und sich immer mehr in einen Tempel zu verwandeln, in dem der Heilige Geist wohnt.

38. In der Welt von heute wird auch das Zeugnis von Ehen gewürdigt, die nicht nur die Zeit überdauert haben, sondern weiter gemeinsame Pläne haben und die gegenseitige Zuneigung bewahren. Das öffnet einer positiven, einladenden Pastoral die Tür, die eine schrittweise Vertiefung der Ansprüche des Evangeliums ermöglicht. Dennoch haben wir oft in einer Haltung der Defensive gehandelt. Wir verbrauchen die pastoralen Energien, indem wir den Angriff auf die verfallende Welt verdoppeln und wenig vorsorgende Fähigkeit beweisen, um Wege des Glücks aufzuzeigen. Viele haben nicht das Gefühl, dass die Botschaft der Kirche über Ehe und Familie immer ein deutlicher Abglanz der Predigt und des Verhaltens Jesu gewesen ist, der zwar ein anspruchsvolles Ideal vorgeschlagen, zugleich aber niemals die mitfühlende Nähe zu den Schwachen wie der Samariterin und der Ehebrecherin verloren hat.

56. Verständnis zu haben für die menschliche Schwäche oder die Vielschichtigkeit des Lebens, ist etwas anderes, als Ideologien zu akzeptieren, die beabsichtigen, die in der Wirklichkeit untrennbaren Aspekte in zwei Teile auseinanderzunehmen. Verfallen wir nicht der Sünde, den Schöpfer ersetzen zu wollen! Wir sind Geschöpfe, wir sind nicht allmächtig. Die Schöpfung geht uns voraus und muss als Geschenk empfangen werden. Zugleich sind wir berufen, unser Menschsein zu behüten, und das bedeutet vor allem, es so zu akzeptieren und zu respektieren, wie es erschaffen worden ist.

108. Wenn wir bejahen, dass die Liebe Gottes bedingungslos ist, dass man die Freundlichkeit des Vaters weder kaufen, noch bezahlen muss, dann können wir über alles hinweg lieben und den anderen vergeben, auch wenn sie uns gegenüber ungerecht gewesen sind.

121. Die Ehe ist ein kostbares Zeichen, denn "wenn ein Mann und eine Frau das Sakrament der Ehe feiern, dann spiegelt Gott sich sozusagen in ihnen wider, prägt in sie die eigenen Züge und den unauslöschlichen Charakter seiner Liebe ein. Die Ehe ist das Bild der Liebe Gottes zu uns.

167. Die kinderreichen Familien sind eine Freude für die Kirche. In ihnen drückt die Liebe ihre großzügige Fruchtbarkeit aus.

168. Die Schwangerschaft ist eine schwierige Periode, aber es ist auch eine wunderbare Zeit. Die Mutter begleitet Gott, damit sich das Wunder eines neuen Lebens ereignet.

170. Die Liebe der Eltern ist ein Werkzeug der Liebe Gottes des Vaters, der die Geburt eines jeden Kindes mit Zärtlichkeit erwartet, es bedingungslos akzeptiert und es großherzig aufnimmt.

171. Jede schwangere Frau möchte ich herzlich bitten: Bewahre deine Freude, nichts soll dir die innere Wonne der Mutterschaft nehmen. Dieses Kind verdient deine Freude. Lass nicht zu, dass die Ängste, die Sorgen, die Kommentare der anderen oder die Probleme dieses Glück ersticken, Werkzeug Gottes zu sein, um ein neues Leben zur Welt zu bringen.

183. Eine Ehe, welche die Kraft der Liebe erfährt, weiß, dass diese Liebe berufen ist, die Wunden der Verlassenen zu heilen, die Kultur der Begegnung einzuführen und für die Gerechtigkeit zu kämpfen. Gott hat der Familie das Projekt anvertraut, die Welt „heimisch“ zu machen

184. Mit dem Zeugnis des eigenen Lebens und auch mit Worten sprechen die Familien zu den anderen von Jesus, sie vermitteln den Glauben, wecken die Sehnsucht nach Gott und zeigen die Schönheit des Evangeliums und der Weise zu leben, die er uns anbietet. So übermalen die christlichen Ehen das Grau des öffentlichen Raumes, indem sie es mit der Farbe der Geschwisterlichkeit, des gesellschaftlichen Feingefühls, des Schutzes der Schwachen, des leuchtenden Glaubens und der aktiven Hoffnung füllen. Ihre Fruchtbarkeit erweitert sich und kommt in tausend Arten zum Ausdruck, Gottes Liebe in der Gesellschaft gegenwärtig werden zu lassen.

192. Oft sind es die Großeltern, welche die Weitergabe der großen Werte an die Enkel sicherstellen, und "viele Menschen können feststellen, dass sie ihre Einführung in das christliche Leben besonders den Großeltern verdanken.

221. Jede Ehe ist eine „Heilsgeschichte“. Und das bedeutet, dass man von einer Anfälligkeit ausgeht, die dank der Gabe Gottes und einer kreativen und großherzigen Antwort einer immer tragfähigeren und wertvolleren Wirklichkeit Raum gibt.

287. Die Weitergabe des Glaubens setzt voraus, dass die Eltern die wirkliche Erfahrung machen, auf Gott zu vertrauen, ihn zu suchen, ihn zu brauchen. Denn nur auf diese Weise verkündet ein Geschlecht dem andern den Ruhm seiner Werke und erzählt von seinen gewaltigen Taten.

315. Die Gegenwart des Herrn wohnt in der realen, konkreten Familie mit all ihren Leiden, ihren Kämpfen, ihren Freuden und ihrem täglichen Ringen. Wenn man in der Familie lebt, ist es schwierig zu heucheln und zu lügen; wir können keine Maske aufsetzen. Wenn die Liebe diese Echtheit beseelt, dann herrscht der Herr dort mit seiner Freude und seinem Frieden. Die Spiritualität der familiären Liebe besteht aus Tausenden von realen und konkreten Gesten.

317. Wenn es der Familie gelingt, sich auf Christus zu konzentrieren, eint und erleuchtet er das gesamte Familienleben. Die Schmerzen und die Ängste erlebt man in der Gemeinschaft mit dem Kreuz des Herrn, und seine Umarmung ermöglicht, die schlimmsten Momente zu ertragen.

320. Es gibt einen Punkt, an dem die Liebe des Paares seine größte Befreiung erlangt und zu einem Raum heilsamer Autonomie wird: wenn jeder entdeckt, dass der andere nicht sein Eigentum ist, sondern einen viel bedeutenderen Besitzer hat, nämlich seinen einzigen Herrn.

323. Es ist eine tiefe geistliche Erfahrung, jeden geliebten Menschen mit den Augen Gottes zu betrachten und in ihm Christus zu erkennen. Das erfordert eine gegenleistungsfreie Bereitschaft, die erlaubt, seine Würde zu schätzen.

FAMILIE UND GESELLSCHAFT

173. Die Schwächung der mütterlichen Gegenwart mit ihren weiblichen Eigenschaften ist eine ernste Gefahr für unsere Erde. Ich würdige den Feminismus, sofern er weder die Uniformität anstrebt noch die Mutterschaft verneint. Denn die Größe der Frau schließt alle Rechte ein, die aus ihrer unveräußerlichen Menschenwürde, aber auch aus ihrem weiblichen Genius hervorgehen, der für die Gesellschaft unverzichtbar ist.

177. Gott stellt den Vater in die Familie, damit er mit den wertvollen Merkmalen seiner Männlichkeit "der Ehefrau nahe ist, um alles zu teilen: Freude und Schmerzen, Mühe und Hoffnungen. Und dass er den Kindern in ihrem Heranwachsen nahe ist: wenn sie spielen und wenn sie sich anstrengen, wenn sie unbeschwert sind und wenn sie besorgt sind, wenn sie sich ausdrücken und wenn sie schweigsam sind, wenn sie mutig sind und wenn sie Angst haben, wenn sie einen falschen Schritt machen und wenn sie den Weg wiederfinden – ein Vater, der immer präsent ist. Wenn ich „präsent“ sage, dann heißt das nicht „kontrollieren“! Denn Väter, die die Kinder zu stark überwachen, unterdrücken sie.

187. Der heutige Individualismus führt manchmal dazu, sich in ein kleines Nest der Sicherheit zurückzuziehen und die anderen als eine lästige Gefahr zu empfinden. Diese Isolierung bietet jedoch nicht mehr Frieden und Glück, sondern verschließt das Herz der Familie und nimmt ihr die Weite des Lebens.

189. Die liebevolle Verbindung zwischen den Generationen garantiert die Zukunft, und sie garantiert eine wirklich menschliche Geschichte. Eine Gesellschaft von Kindern, die ihre Eltern nicht ehren, ist eine Gesellschaft ohne Ehre.

193. Das Phänomen der heutigen Verwaisung im Sinn einer Diskontinuität, einer Entwurzelung und eines Zusammenbruchs der Gewissheiten, die dem Leben Gestalt verleihen, fordert uns heraus, unsere Familien zu einem Ort zu machen, wo die Kinder sich im Boden einer kollektiven Geschichte verwurzeln können.