„Das Charisma des heiligen Josefmaria ist ein Schatz, der die Welt in einen schöneren Ort verwandeln kann.“

Isabel Sánchez ist Sekretärin des Zentralassessorats, des Rates der Frauen, der den Prälaten in seiner Leitung unterstützt. Im Interview beschreibt sie den Wahlprozess bis zum neuen Prälaten, die Rolle der Frauen und die Herausforderungen für die Zukunft.

Isabel Sánchez, Sekretärin des Zentralassessorats.

Mit Lucía Bassani

Welche Gedanken hegen Sie in diesen Tagen?

Zweifellos ist uns Bischof Javier Echevarría jetzt immer noch sehr präsent, auch in den jetzigen Umständen. Er gab uns ja ein großartiges Beispiel, wie man die Aufgabe der Leitung und der Bildung im Opus Dei mit Großherzigkeit und Dienstgeist übernimmt. Ich hatte die Freude, mit Bischof Javier in den letzten 18 Jahren mitarbeiten zu dürfen, besonders intensiv in den letzten sechs Jahren. Seine großartige und vielschichtige Persönlichkeit beeindruckte mich von Anfang an. Er war ein Mann tiefen Gebetes, ein Freund Gottes.

„DAS OPUS DEI IST EINFACH EIN KLEINER TEIL DER KIRCHE, EIN DYNAMISCHES ELEMENT DES APOSTOLATES IM HERZ DER UNIVERSELLEN KIRCHE“

Ein Aspekt hat mich besonders tief beeindruckt: Der Prälat war eine entschlossen Persönlichkeit, er kämpfte energisch. Ein „Nein“ hieß für ihn nicht, dass eine Türe auf Dauer verschlossen bleiben würde. Er suchte immer nach einem Weg, das Gute auf neue Art und Weise zu verwirklichen. Dieser Aspekt eines Mannes, der kämpfte, wurde besonders in den letzten Stunden seines Lebens deutlich, als er eine Woche im Spital verbrachte und ich ihn glücklicherweise zwei Tage vor seinem Tod noch besuchen konnte. Da bestätigte es sich erneut, dass wir einander bis zuletzt lieben können. Wir beten für seine Seele, und zugleich bin ich sicher, dass seine Gestalt in diesen Tagen zugegen sein wird, als Vater und als Beschützer, als jemand, der uns ermuntert und vom Himmel aus liebevoll begleitet.

Wie läuft die Wahl des neuen Prälaten ab?

Der Wahlvorgang beginnt mit einem Vorschlag der Plenarversammlung des Zentralassessorats. Jede Teilnehmerin nominiert den oder die Kandidaten, die sie für die am geeignetsten hält, um das Amt des Prälaten auszuüben. Danach wählt der Wahlkongress mittels Mehrheitsentscheid den Prälaten. Die Wahl muss vom Papst bestätigt werden. Das ist ganz normal, denn das Opus Dei ist einfach ein kleiner Teil der Kirche, ein dynamisches Element des Apostolates im Herzen der universellen Kirche.

Der neue Prälat wird dann zwei Generalkongresse einberufen und leiten, an denen eine große Zahl von Kongressisten beteiligt ist (fast 300 Personen), die aus all jenen Ländern kommen, in denen die Prälatur derzeit apostolisch wirkt. Sie werden analysieren, wie die Arbeit seit dem letzten Kongress vorangeschritten ist und Vorschläge für die kommenden acht Jahre ausarbeiten. Ich glaube, dass die Vielfalt an Ethnien und Kulturen unter den Teilnehmern diese Treffen sehr bereichern wird.

Welche Leitgedanken werden Ihrer Ansicht nach den Kongress prägen?

Seit dem Beginn des Opus Dei, zunächst unter dem hl. Josefmaria und später dann unter der Leitung des seligen Alvaro und Bischof Echevarrías, lag der Weg des Opus Dei immer darin, der Kirche zu dienen, so, wie sie es möchte und erwartet, dass ihr gedient wird. Das Opus Dei wird versuchen, der Herausforderung der Evangelisierung, wie sie der Papst und die Bischöfe der Weltkirche als Anliegen vorgelegt haben, zu entsprechen.

Das Opus Dei wird versuchen, der Herausforderung der Evangelisierung wie sie der Papst und die Bischöfe der Weltkirche als Anliegen vorgelegt haben, zu entsprechen.

Der Kongress wird einige Richtlinien skizzieren, wie Christus in der Gesellschaft von heute präsenter werden kann. Das Ziel besteht darin, die christliche Botschaft wirksamer zu verbreiten und damit Frieden zu säen, das menschliche Leben in allen Phasen und Umständen zu achten, eine harmonische Entwicklungen zwischen den verschiedenen Kontinenten fördern, …

Wie Sie sehen, haben wir es mit einem sehr breit gefächerten Panorama zu tun, so dass nur allgemeine Richtlinien als Rahmen erarbeitet werden können, und die sich dann an die jeweiligen lokalen Begebenheiten anpassen und konkretisieren. Es liegt an jedem Gläubigen der Prälatur, diese großen Träume in kleine, aber beständige Taten umzusetzen, denn das ist es, was mit Hilfe der Gnade tatsächlich die Welt verändern kann.

Ist das alles nicht ein bisschen unrealistisch, wenn man die verbreitete Entchristlichung und den heutigen Glaubensverlust betrachtet?

Das ist sicherlich eine großartige Herausforderung. Aber für uns Christen ist es motivierend zu wissen, dass unmögliche Träume mit Christus an unserer Seite in Erfüllung gehen können. Er bittet uns darum, alle Mittel einzusetzen, auch wenn die Frucht allein von Ihm kommt, die das Ausmaß unsere Anstrengungen bei weitem übertrifft.

„Wir Christen wissen, dass unmögliche Träume mit Christus an unserer Seite in Erfüllung gehen können.“

Papst Franziskus hat uns gebeten, uns „einzumischen“, an die Peripherie zu gehen und uns für die Gnade Gottes zu öffnen. Im Opus Dei versuchen wir das in die Tat umzusetzen, entsprechend dem uns eigenen Charisma: in der alltäglichen Arbeit, mitten unter unserer Familie, unter Freunden und Kollegen, überall versuchen wir trotz unserer persönlichen Schwächen täglich besser zu werden, den anderen zu dienen, mit einer Einstellung, die sich positiv auf unsere Umgebung auswirkt. Und wir tun dies in der von Gott erschaffenen Welt, in der wir leben und glücklich werden sollen. Wenn man den Sinn des Lebens mit den Augen des Glaubens entdeckt, dann verändert sich alles, und sogar die härtesten Situationen werden erträglicher.

Isabel Sánchez mit Bischof Javier Echevarría und Msgr. Fernando Ocáriz.

Auf welche Mittel stützt sich das Opus Dei, um diese Ziele umzusetzen?

Der hl. Josefmaria sagte immer: „Das Opus Dei, das sind du und ich .“ Das Gute, das wir vollbringen können, hängt vom Leben jedes einzelnen in der Prälatur ab. Klarerweise ist das wichtigste Gut das Gebet. Nur in einer ständigen Beziehung mit Gott werden wir die rauen Meere dieser Welt in rechter Weise beurteilen können. Ohne Gebet bleibt nichts Gutes bestehen, ist nichts Wertvolles von Dauer.

Das zweite verfügbare Mittel ist, dass wir Herr unserer Selbst sind, im Selbstbesitz zu sein, damit wir uns Gott und den anderen schenken können, damit wir den anderen dienen können, ohne dem Wechselbad unserer Stimmungen zu erliegen, ohne dem Wahn angesichts des unendlichen Angebots materieller Dinge zu verfallen. Dieser tägliche Kampf, um unsere eigene Freiheit zu meistern, ist das, was Christen schon immer „Abtötung“ genannt haben. Uns frei machen von dem, was uns klein macht und verführt, damit wir Gott und die anderen mit einer besseren, innigeren Hingabe lieben können.

"Unter den Schätzen in der Lehre des hl. Josefmaria befindet sich auch eine immer noch neu erscheinende Wahrheit: Die radikale Ebenbürtigkeit von Mann und Frau.“

Und schließlich ist entscheidend, dass wir unsere Herzen der Zärtlichkeit Gottes öffnen, die Er uns in den Sakramenten schenkt, besonders in der Eucharistie und der Beichte.

Dann braucht es weiters Eigeninitiative, Kreativität, Zusammenarbeit, das Ausschöpfen unserer bürgerlichen Rechte, um tiefgehende menschliche und christliche Lösungen zu finden, mit denen wir auf die Herausforderungen einer Welt voller Alpträume, aber auch wunderbarer Möglichkeiten antworten.

Wie wird das neue Zentralassessorat mit dem neuen Prälaten zusammen arbeiten?

Das Charisma, das der heilige Josefmaria empfangen hat, ist wie eine Schatzkiste voller Juwelen, deren Bestimmung es ist, die Welt, in der wir leben, zu verschönern, zu bereichern und zu schmücken. Unter diesen Schätzen ist auch eine christliche Wahrheit, die manchen immer noch als Neuheit erscheint: die radikale Ebenbürtigkeit von Mann und Frau, ausgehend von ihrer Verschiedenheit. Daraus folgt nicht nur die theoretische, sondern ganz praktische und reale Überzeugung, dass es die Berufung der Frau ist, entscheidend an der Kirche mitzuwirken, an der bürgerlichen Gesellschaft, in Kultur, Wissenschaft, Familie, überhaupt in allen Bereichen des Lernens und Lebens.

Der neue Prälat wird sich auf den Rat dieses Leitungsorgans verlassen, wenn es darum geht Wege zu finden, um diese Botschaft zu erhellen, um jeder Frau zu helfen, dass sie entdeckt, wo und wie sie ihre Umgebung mit ihrem ganz persönlichen Siegel prägen kann, sie menschlicher machen und in eine Quelle der Güte verwandeln kann.

All das bietet einen sehr ermutigenden Ausblick, und ich glaube, dass der neue Prälat das auch so in den Blick nehmen wird: als eine wunderbare Herausforderung. Ich habe keinen Zweifel, dass das neue Zentralassessorat alles tun wird, um ihm zu folgen und ihn voll zu unterstützen.

Darüber hinaus wird es eine große Freude sein, Papst Franziskus zu folgen und zusammen mit vielen anderen Institutionen der Kirche die Botschaft des Evangeliums überall zu verkünden: indem wir mit allen zusammen zu leben, respektvoll, mit dem Wunsch zu dienen, mit unserer rechtschaffen verrichteten menschlichen Arbeit.