27. September: Brief von Papst Franziskus

Brief von Papst Franziskus an Bischof Javier Echevarría, Prälat des Opus Dei.

Lieber Mitbruder,

die Seligsprechung des Dieners Gottes Alvaro del Portillo, der ein treuer Mitarbeiter und der erste Nachfolger des heiligen Josefmaria Escrivá an der Spitze des Opus Dei war, ist eine besondere Freude für alle Angehörigen der Prälatur und natürlich besonders auch für Dich, der Du so viele Jahre lang Zeuge seiner Liebe zu Gott und zu den Menschen, seiner Treue zur Kirche und zu seiner Berufung warst. Auch ich möchte mich mit Eurer Freude verbinden und Gott Dank sagen, der die Kirche mit der Heiligkeit seiner Kinder schmückt.

Die Seligsprechung wird in Madrid stattfinden, der Stadt, in der er geboren wurde und in der er seine Kindheit und Jugend verbrachte. Hier hat ihn ein schlichtes Familienleben geprägt. Hier hat er sich in der Freundschaft und Hilfsbereitschaft geübt, wenn er in die Stadtviertel ging, um bei der menschlichen und christlichen Bildung von vielen Bedürftigen zu helfen. Und hier fand ein Ereignis statt, das sein weiteres Leben bestimmen sollte: Die Begegnung mit dem heiligen Josefmaria Escrivá, von dem er lernte, sich immer mehr in Christus zu verlieben. Ja, sich in Christus verlieben. Das ist der Weg der Heiligkeit, den jeder Christ nehmen soll: Sich vom Herrn lieben lassen, seiner Liebe das Herz öffnen und zulassen, dass er es ist, der unser Leben leitet.

Gerne erinnere ich an ein kleines Gebet, das der Diener Gottes oft betete, besonders bei persönlichen Feiern und Jahrestagen: „Danke, verzeih mir, hilf mir mehr!“ Es sind Worte, die uns zum Kern seines geistlichen, inneren Lebens und seines Umgangs mit dem Herrn vordringen lassen. Und sie können auch uns einen neuen Anstoß für das eigene christliche Leben geben.

An erster Stelle: Danke! Das ist die unmittelbare und spontane Reaktion der Seele, wenn sie die Güte Gottes spürt. Es kann gar nicht anders sein. Gott ist uns immer voraus. So sehr wir uns auch anstrengen, seine Liebe kommt uns immer zuvor. Zuerst ist es er, der uns zärtlich berührt, nos primerea – er ergreift uns gegenüber die Initiative. Alvaro del Portillo war sich der vielen Talente und Gaben bewusst, die Gott ihm gegeben hatte, und er dankte Gott für diese Erweise seiner väterlichen Liebe. Aber dabei blieb es nicht. Die Anerkennung der Liebe des Herrn weckte in seinem Herzen den Wunsch, ihm hingebungsvoller und großzügiger zu folgen, und den anderen sein Leben lang demütig zu dienen. Besonders ragte seine Liebe zur Kirche hervor. Ihr diente er als der Braut Christi mit ganzem Herzen, frei von jedem Vorteil für sich selbst. Jede Zwietracht mied er, nahm alle herzlich auf und suchte immer das Gute und Positive bei den anderen, das was verbindet, das was aufbaut. Aus seinem Munde kamen keine Klagen oder kritischen Bemerkungen, auch nicht in besonders schwierigen Augenblicken. Er reagierte stets mit Gebet, Verzeihen, Verständnis und aufrichtiger Liebe, so wie er es vom heiligen Josefmaria gelernt hatte.

Verzeih mir! Häufig bekannte er, dass er sich vor Gott mit leeren Händen sah, unfähig seiner Großzügigkeit zu entsprechen. Aber wer seine menschliche Erbärmlichkeit bekennt, hat sich nicht der Verzweiflung überlassen, sondern den Händen Gottes, der Vater ist. Der Diener Gottes Alvaro hat sich der Barmherzigkeit und der Liebe Gottes geöffnet, die unser Leben erneuern kann. Gottes Liebe demütigt nicht und stürzt uns nicht in Abgründe der Schuld, sondern umarmt uns, hilft uns aus der Niedergeschlagenheit auf und lässt uns wieder entschieden und froh voranschreiten. Der Diener Gottes wusste, wie sehr wir der göttlichen Barmherzigkeit bedürfen, und setzte sich mit all seinen Kräften dafür ein, dass viele Menschen zum Bußsakrament gingen, zum Sakrament der Freude. Wie wichtig ist es, die zärtliche Liebe Gottes zu spüren und zu entdecken, dass stets noch Zeit ist, Gott zu lieben.

Hilf mir mehr! Ja, der Herr lässt uns nie im Stich, immer ist er an unserer Seite, er begleitet uns auf unserem Weg, und Tag für Tag wartet er neu auf unsere Liebe. Seine Gnade wird uns nicht fehlen, und mit seiner Hilfe können wir seinen Namen in die ganze Welt hinaustragen. Das Herz des neuen Seligen drängte der Wunsch, allen Herzen die Gute Nachricht zu bringen. So hat er auf Reisen in viele Länder Initiativen der Evangelisierung vorangebracht. Vor Schwierigkeiten hat er nicht Halt gemacht, denn es war die Liebe zu Gott und zu den Brüdern, die ihn antrieb. Wer tief in Gott verankert ist, der ist auch den Menschen sehr nahe. Um ihnen Christus zu verkünden, ist die erste Bedingung, sie zu lieben, weil Christus sie zuerst liebt. Wir müssen aus unseren Egoismen und unserer Bequemlichkeit herauskommen und unseren Brüdern entgegengehen. Genau dort erwartet uns der Herr. Wir dürfen nicht den Glauben für uns behalten, er ist ein Geschenk, das wir zum Weiterschenken und zum Teilen bekommen haben.

Danke, verzeih mir, hilf mir! In diesen Worten drückt sich die Spannung eines Lebens aus, das ganz auf Gott ausgerichtet ist. Es sind Worte eines Menschen, der von der ganz großen Liebe getroffen wurde und der ganz aus dieser Liebe lebt. Worte eines Menschen, der sehr wohl seine menschlichen Schwächen und Begrenzungen erfahren hat, der aber der Barmherzigkeit Gottes vertraut, und der sich wünscht, dass alle Menschen, seine Brüder, diese Barmherzigkeit ebenso erfahren.

Lieber Mitbruder, der selige Alvaro del Portillo sendet uns eine klare, eindeutige Botschaft. Er sagt uns, dass wir auf den Herrn vertrauen können, der unser Bruder ist, unser Freund, der uns niemals enttäuscht und der immer an unserer Seite ist. Er ermuntert uns, keine Angst zu haben, gegen den Strom zu schwimmen und zu leiden bei der Weitergabe des Evangeliums. Er zeigt uns auch, dass wir in der Einfachheit und Alltäglichkeit unseres Lebens einen sicheren Weg zur Heiligkeit finden können.

Von Herzen bitte ich alle Angehörigen der Prälatur, Priester und Laien, sowie alle, die an ihren Tätigkeiten teilnehmen, für mich zu beten. Zugleich erteile ich ihnen allen meinen Apostolischen Segen.

Jesus segne sie und die Gottesmutter behüte sie.

Mit brüderlichem Gruß,

Franziskus