Brief des Prälaten (April 2008)

Der auferstandene Christus ist unter uns gegenwärtig. Das stellt für uns eine Einladung zur Freude dar und dazu, den anderen mit Freudlichkeit, und ohne Distanziertheit zu begegnen. Dazu lädt Bischof Echevarria in seinem Hirtenbrief ein.

Diese Zeilen schreibe ich Euch mitten in der Osterzeit, in der wir uns herzlich über die Auferstehung unseres Herrn freuen. Den schmerzerfüllten Tagen von Jesu Leiden und Tod ist die Freude des neuen unsterblichen Lebens gefolgt, das er vom Vater empfangen hat. Denn er hat sich gedemütigt, er ist gehorsam geworden bis zum Tod, bis zum Tod am Kreuz. "Darum hat ihn Gott über alle erhöht und ihm den Namen verliehen, der größer ist als alle Namen, damit alle im Himmel, auf der Erde und unter der Erde ihre Knie beugen vor dem Namen Jesu und jeder Mund bekennt: "Jesus Christus ist der Herr" – zur Ehre Gottes, des Vaters".(1)

Das verkündet die Kirche seit ihren Anfängen mit großer Kraft, und diese Botschaft sollen die Christen allen Völkern weitergeben. Tod und Auferstehung Jesu Christi, so sagte der Papst vor einigen Tagen in seiner Botschaft Urbi et Orbi, "sind ein Ereignis unübertrefflicher Liebe, der Sieg der Liebe, die uns von der Knechtschaft der Sünde und des Todes befreit hat. Es hat den Lauf der Geschichte verändert, indem es dem Leben des Menschen einen unauslöschlichen und erneuerten Sinn und Wert eingegossen hat."(2)

Mir kommt so manches Osterfest in Erinnerung, das ich an der Seite des heiligen Josefmaria verbracht habe. An diesen Tagen spürte man seine Freude, die er auf alle, die bei ihm waren, übertrug. Diese Freude hatte ihre Wurzeln im Glauben, in der Hoffnung und in der Liebe, den Tugenden, die Gott uns eingießt, damit wir ihn kennen, ihn lieben und mit ihm Umgang haben. Dieser ganze übernatürliche Weg hat seine letzte historische wie auch die Geschichte überschreitende Grundlage in der glorreichen Auferstehung Christi. "Denn Christus lebt, Christus ist nicht eine Gestalt, die vorübergegangen ist, die einmal lebte und dann verschwand und uns nur eine wunderbare Erinnerung und ein ergreifendes Beispiel hinterließ.

Nein, Christus lebt. Jesus ist der Emmanuel: Gott mit uns. Seine Auferstehung bekundet uns, dass Gott die Seinen nicht im Stich lässt. Vergisst wohl ein Weib ihren Säugling, eine Mutter den Sohn ihres Schoßes? Mögen auch diese vergessen: Ich aber vergesse dich nicht (Jes 49, 14–15), hatte er verheißen. Und er hat seine Verheißung erfüllt. Gott findet seine Wonne unter den Menschenkindern (Vgl. Spr 8, 31)."(3)

In seiner Osterbotschaft dieses Jahres hat Benedikt XVI. als Leitgedanken einen Vers des Psalms 138 ausgewählt, der in der alten Version der Vulgata so lautet: resurrexi et adhuc tecum sum. (4) Ich bin erstanden und bin immer bei dir. Die Liturgie verwendet ihn in der Messe vom Ostersonntag als Eingangsgebet. In diesen Worten "erkennt die Kirche beim Aufgang der Ostersonne die Stimme Jesu selbst, der bei der Auferstehung vom Tod sich voller glückseliger Liebe an den Vater wendet und ausruft: Mein Vater, hier bin ich! Ich bin erstanden, ich bin noch bei dir und werde es für immer sein; dein Geist hat mich niemals verlassen".(5)

In diesem marianischen Jahr bemühen wir uns, die Muttergottes mehr in unseren Tag einzubeziehen. Wie leicht ist das, wenn wir die glorreichen Geheimnisse des Rosenkranzes betrachten! Unser Vater versetzte sich in das Glück Marias, als sie ihren vom Tode erstandenen Sohn sah. Obwohl uns das Evangelium nichts von dieser Erscheinung erzählt, herrscht unter den Christen eine einmütige Übereinstimmung. "Wäre es möglich, dass die Mutter Jesu, die in der ersten Gemeinde der Jünger zugegen war (vgl. Apg 1, 14), von denjenigen ausgeschlossen war, die ihrem göttlichen Sohn begegneten, als er von den Toten auferstanden war?", fragte sich Johannes Paul II. (6) Ganz offensichtlich nicht! Maria musste der erste Mensch sein, dem sich Christus in seiner Herrlichkeit zeigte, um dieses Herz, das so sehr unter dem Kreuz gelitten hatte, mit einem unaussprechlichen menschlichen und übernatürlichen Jubel zu erfüllen. Wie sollte sich jene, die immer gänzlich vereint mit dem Erlöser gewesen war, nicht der Gegenwart des triumphierenden Retters erfreuen?

Halten auch wir bei dieser Szene inne. Die Worte unseres Vaters können uns dabei den Weg weisen: "Er ist auferstanden! – Jesus ist auferstanden. Er ist nicht mehr im Grab. – Das Leben hat den Tod überwunden.

Er erschien seiner heiligsten Mutter. – Er erschien Maria Magdalena, die außer sich ist vor Liebe. – Und dem Petrus und den anderen Aposteln. – Und er erschien dir und mir, die wir seine Jünger sind und noch mehr außer uns als Magdalena. Was haben wir ihm nicht alles gesagt!"(7)

Lassen wir uns an der Hand nehmen, um Jesus zu suchen, zu finden und mit ihm umzugehen. Mit ihm, der immer lebt, der in den Vorkommnissen jeden Tages an unserer Seite wandert und gleichzeitig in seiner Gottheit zusammen mit dem Vater und dem Heiligen Geist in der Tiefe unserer Seele Wohnung nimmt. Diese Betrachtungen sind nicht nur fromme Gedanken. Wie wir im Credo bekennen, ist Jesus mit seiner Heiligsten Menschheit im Himmel zur Rechten des Vaters, aber er bleibt auch in der Kirche und in jedem Christen mittels der Gnade. Seine Gegenwart in uns und an unserer Seite ist real, auch wenn wir sie mit unseren menschlichen Augen nicht sehen. Wir erfahren sie jedoch auf vielerlei Weise: im Wunsch, besser, das heißt, heilig zu werden, den er uns durch den Heiligen Geist eingibt; im apostolischen Eifer, der uns anspornt, auf andere Menschen zuzugehen, um ihnen zu helfen, Gott näher zu kommen; im barmherzigen Blick, den wir als Christen auf alle Menschen ohne Unterschied der Rasse, der Kultur, der gesellschaftlichen Stellung oder der Religion richten. Dies ist möglich, weil der auferstandene Christus mit uns wirkt, uns begleitet und in uns lebt. Weisen wir alles zurück, was uns von den anderen trennen könnte?

In den vergangenen Tagen haben wir diese heilbringenden Ereignisse mit neuer Tiefe betrachtet. Außerdem haben wir in der Osternacht unser Taufversprechen erneuert und so den Wunsch gefestigt, immer an der Seite Christi zu bleiben. Er hat uns durch die geistige Wiedergeburt der Taufe zu seinen Gliedern gemacht, und er nährt uns in der Eucharistie mit seinem Leib und seinem Blut, um uns noch enger mit sich zu verbinden. Wie der heilige Josefmaria schrieb: "Die Gegenwart des lebendigen Christus in der Hostie ist Unterpfand, Wurzel und Erfüllung seiner Gegenwart in der Welt."(8)

Vor allem dank der Eucharistie ist Jesu Leben "unser Leben, getreu der Verheißung an die Apostel beim Letzten Abendmahl: Wer mich liebt, bewahrt mein Wort, mein Vater wird ihn lieben, und wir werden zu ihm kommen und Wohnung bei ihm nehmen (Joh 14, 23). Der Christ muss daher leben gemäß dem Leben Christi, muss fühlen wie Christus, so dass er mit dem heiligen Paulus ausrufen kann: Non vivo ego, vivit vero in me Christus (Gal 2, 20), nicht mehr ich lebe, Christus lebt in mir".(9)

Dank der innigen Verbindung zwischen dem auferstandenen Christus und den lebendigen Gliedern seines mystischen Leibes ist jeder in der Lage, die Worte des Psalms, die ich zu Beginn dieser Zeilen zitiert habe, auf sich zu beziehen. "In dieser Sicht merken wir, dass die Aussage, die der auferstandene Jesus heute an den Vater richtet – "Ich bin noch und immer bei dir" –, unwillkürlich auch uns betrifft, die wir "Kinder Gottes sind und Miterben Christi, wenn wir mit ihm leiden, um mit ihm auch verherrlicht zu werden" (vgl. Röm 8, 17). Dank des Todes und der Auferstehung Christi erstehen auch wir heute zu neuem Leben; wir vereinen unsere Stimme mit der seinen und verkünden, immer bei Gott bleiben zu wollen, unserem Vater, der unendlich gut und barmherzig ist."(10)

Das neue Leben in Christus verlangt unsererseits die Anstrengung, den alten Menschen, d.h. alles, was in uns nicht mit dem göttlichen Leben vereinbar ist, abzulegen. Die Schlussfolgerung, die der heilige Josefmaria am Ende der Betrachtung des glorreichen Rosenkranzgeheimnisses zieht, ist daher nur allzu verständlich: "Dass wir nie wieder durch die Sünde sterben wollen; dass unsere geistige Auferstehung ewig dauern möge. – Und bevor wir das Gesätz beenden, hast du die Wunden seiner Füße geküsst … und ich noch verwegener – weil kindlicher –, habe meine Lippen auf seine geöffnete Seite gedrückt"(11).

Wir können einen weiteren Schluss aus der gesammelten Betrachtung des ersten glorreichen Geheimnisses ziehen, nämlich uns fest vorzunehmen, anderen Menschen, die Christus vielleicht nicht kennen oder sich so verhalten, als kennten sie ihn nicht, ans Herz zu legen, ihn zu suchen und ihm zu folgen. Denn nur das ist der Weg zu einer unvergänglichen Freude. Das Osterfest spornt uns an, unseren Seeleneifer zu vermehren, dasselbe zu tun wie die Apostel und die heiligen Frauen, nachdem sie dem auferstandenen Herrn begegnet waren. Sie schreckten vor keiner Schwierigkeit zurück, sondern gaben mutig und konsequent Zeugnis von der Auferstehung. So zogen sie zahllose Menschen mit sich.

Als Christen, als Kinder Gottes in seiner Kirche, müssen wir überall die frohe Botschaft von der Auferstehung des Herrn verkünden, die das Fundament unseres Glaubens ist. Ich erinnere Euch mit Worten des heiligen Josefmaria daran, dass "der Herr die Seinen auf allen Wegen der Erde haben will. Einige ruft er in die Wüste, damit sie dem Trubel der Welt fernbleiben und so vor den anderen Menschen Zeugnis davon ablegen, dass es Gott gibt. Wieder anderen vertraut er das priesterliche Amt an. Die Mehrzahl will er mitten in der Welt und in den irdischen Dingen haben. Darum müssen diese Christen Christus überall hintragen, wo Menschen arbeiten: in die Fabriken, ins Labor, aufs Feld, in die Werkstatt, auf die belebten Straßen der Großstadt und auf einsame Bergpfade"(12).

In der ersten Märzwoche hatte ich die große Freude, in zwei Heiligtümern der Muttergottes zu beten, wo unser Vater häufig gewesen ist. Am 1. war ich in Loreto, wo ein Fußweg, der zur Basilika führt, nach dem heiligen Josefmaria genannt wurde. Entlang dieses Pilgerweges sind die Stationen des Kreuzwegs angebracht, unter denen einige Texte unseres Gründers stehen. Am Samstag, den 8. März, fuhr ich nach Fatima. Am Vorabend war ich in Lissabon angekommen und verbrachte dort einige Stunden mit Euren portugiesischen Schwestern und Brüdern. So versuche ich es ja immer an den Wochenenden zu halten, an denen ich eine kurze Reise mache. Viele Erinnerungen gingen mir durch den Kopf. Ich dachte daran, wie der heilige Josefmaria in schwierigen Augenblicken an beiden Orten mit seinen Töchtern und Söhnen aller Zeiten betete. Mehr als einmal wiederholte er, dass er die Last und die wunderbare Freude erfahren hatte, mit allen in Liebe verbunden zu sein.

Auf beiden Fahrten habt Ihr mich begleitet, und wir haben der Muttergottes in diesem marianischen Jahr gemeinsam Dank gesagt und ihr unsere festen Vorsätze zu Füßen gelegt, als treue Jünger Christi im Werk zu leben. Sowohl in Loreto als auch in Fatima habe ich zu Maria mit den Worten gebetet, die unser Vater und Don Alvaro benutzten, um unserer Herrin für ihren Schutz und die marianische Prägung des Opus Dei zu danken. Ich habe sie in Eurem Namen gebeten, in allen diese tiefe marianische Frömmigkeit, die uns der heilige Josefmaria als Erbe hinterlassen hat, zu stärken und zu vermehren.

Wir wollen weiter für die apostolische Ausbreitung des Werkes in aller Welt beten, an den Orten, wo wir schon sind, wie auch da, wo man auf uns wartet. Von Rumänien, Indonesien und Vietnam habe ich Euch schon erzählt; auch aus Bulgarien erreichen uns drängende Bitten. Ein spannendes Abenteuer erwartet uns, erwartet jeden da, wo Gott ihn hingestellt hat. Mit der Hilfe unserer Herrin werden wir es bestehen, wenn wir uns persönlich bemühen, mit dem auferstandenen Herrn, von dem unsere ganze Kraft kommt, enger vereint zu sein. Erbitten wir diese Einheit mit Jesus auf die Fürsprache des heiligen Josefmaria. Am 23. April ist der Jahrestag seiner Firmung und seiner Erstkommunion. Mit seiner väterlichen Unterstützung wird unsere eucharistische Frömmigkeit wachsen.

Lasst mich nicht allein, sondern betet weiter für meine Anliegen. Wie ich es auch bei unserem Vater erlebt habe, bin ich überzeugt, dass ich zusammen mit Euch stark bin, um Gott zu bewegen.

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(1)  Phil 2, 9-11

(2)  Benedikt XVI., Osterbotschaft Urbi et Orbi, 23.3.2008

(3)  Hl. Josefmaria, Christus begegnen, Nr. 102

(4)  Ps 138, 18 (Vg.)

(5)  Benedikt XVI., Osterbotschaft Urbi et Orbi, 23.3.2008

(6)  Johannes Paul II., Ansprache bei der Generalaudienz, 21.5.1997

(7)  Hl. Josefmaria, Rosenkranz, Erstes glorreiches Geheimnis

(8)  Hl. Josefmaria, Christus begegnen, Nr. 102

(9)  Ebd., Nr. 103

(10)Benedikt XVI., Osterbotschaft Urbi et Orbi, 23.3.2008

(11) Hl. Josefmaria, Rosenkranz, Erstes glorreiches Geheimnis

(12) Hl. Josefmaria, Christus begegnen, Nr. 105